Ein Seelsorger wie aus dem Bilderbuch

Seit 60 Jahren Priester:
Bernhard Jung aus Ziegelhausen

Ohne Stock gehen kann er nicht mehr, lange stehen auch nicht. Der Tribut des Alters. Aber im Kopf ist Bernhard Jung völlig klar. Und wenn der katholische Pfarrer im Ruhestand sein Gegenüber mit den Augen anlächelt, dann öffnet sich ihm auch heute noch jedes Herz.

Ein Seelsorger wie aus dem Bilderbuch. „Mit Zwang und Kontrolle erreicht man überhaupt nichts“, sagt der 85-Jährige. „Man muss für die Menschen da sein, um ihre Herzen zu berühren.“ Am 2. Juni 2013 feierte Bernhard Jung in der vollbesetzten Pfarrkirche St. Teresa in Heidelberg-Ziegelhausen sein Diamantenes Priesterjubiläum. Vor 60 Jahren ist er in Sankt Peter im Schwarzwald geweiht worden.

„Wichtig ist: Gott und die Herzen der Menschen zu suchen“

Herz-Jesu-Kirche_Freiburg

Die Herz-Jesu-Kirche in Freiburg Stühlinger

Für heutige Ohren klingen die Erinnerungen des Bernhard Jung wie Geschichten aus einer heilen katholischen Welt. Der Pfarrer musste nie eine Seelsorgeeinheit leiten, sondern konnte sich mit ganzer Kraft einer Pfarrgemeinde widmen. Erst war das St. Josef in Mosbach, später Herz-Jesu  in Freiburg-Stühlinger. Fast dreißig Jahre lang war Bernhard Jung hier Pfarrer. „Herz-Jesu“, überlegt Bernhard Jung, „Der Name hat mich jeden Tag daran erinnert, was wichtig ist: Gott und die Herzen der Menschen zu suchen.“

Bernhard Jung hat mit beidem nicht aufgehört, als er 2001 als Pensionär in seine Heimatgemeinde Ziegelhausen zurückkehrte. Eigentlich lebte Pfarrer Jung in einer kleinen Wohnung im Haus seines Bruders. In Wahrheit jedoch war er überall. Bernhard Jung taufte, traute, hörte Beichte, zelebrierte die Werktagsmessen.

Wenn jemand in Urlaub fuhr, segnet er das Auto, auf dass die Familie gut wieder nach Hause komme. Und als der Fußballplatz eingeweiht wurde, segnete Pfarrer Jung völlig selbstverständlich auch ihn. „Bernhard Jung ist ein Pensionär, wie man ihn sich wünscht“, lobte Dekan Joachim Dauer beim Festgottesdienst. „Er stellt keine Ansprüche und ist immer bereit mitzuarbeiten.“ Erst seit seinem bösem Unfall vor zwei Jahren muss der Pfarrer im Ruhestand kürzer treten.

„Das Evangelium bietet für jede menschliche Situation eine Lösung“

Ziegelhausen Frohenleichnam Theresia Kirche

Diamantenes Jubiläum kurz nach Fronleichnam

In der Heidelberger Altstadt wurde Bernhard Jung 1928 geboren. „Ich habe mich aber immer als Ziegelhäuser gefühlt“, sagt der Pensionär. Die Mutter war Wäscherin, der Vater kümmerte sich um die elektrischen Leitungen der Stadt. Bernhard besuchte das Kurfürst-Friedrich-Gymnasium, lernte Latein und Griechisch.

Dann kam der Krieg. Mit 15 Jahren wurde der Gymnasiast zu Flak eingezogen, wo man bald herausfand, dass er ein Händchen für Mathe hatte. „Ich musste ausrechnen, wie hoch die Flugzeuge fliegen, damit wir die Geschütze einstellen konnten.“ Nach Kriegsende geriet der Junge noch drei Monate in amerikanische Gefangenschaft.1948 konnte er endlich sein Abitur machen.

Alle hatten auf ein Mathe-Studium getippt. Theologie in Freiburg war eine Überraschung. „Ich hatte schon als Junge Freude an der Liturgie und war gern in der Abtei Neuburg“, erklärt Jung. „Aber das habe ich niemandem gesagt.“ Als Bernhard Jung seine erste Pfarrstelle in Mosbach antrat, zogen die Eltern zum ihm ins Pfarrhaus. Bis kurz vor ihrem Tod hat ihm die Mutter den Haushalt geführt. Eine katholisches Idyll? Bernhard Jung lacht. „Es gab natürlich auch Probleme. Dann habe ich immer ins Evangelium gesehen. Dort ist jede menschliche Situation beschrieben – mit Lösung.“

2 Gedanken zu „Ein Seelsorger wie aus dem Bilderbuch

  1. Es ist leider sehr schwer, etwas über Pfarrer Jung zu finden.

    Ich, heute 50 Jahre alt, stand damals im Freiburger Stühlinger sozusagen unter seinen Fittichen.

    Es ist schon traurig, dass die Kirchen, die heute ja schon überwiegend eigene Web-Seiten betreiben, nicht einmal den Platz finden um die Pfarrer der letzten Jahrzehnte würdigend aufzuzählen.
    Ich bin ja sicher nicht der Einzige, der gedanklich ab und zu in die Vergangenheit reist und sich dann z. B. fragt, was wohl aus dem Pfarrer von damals geworden ist.

    Ich hoffe, der Herr Jung bekommt es nicht mit, was heute auf dem (seinem) Stühlinger Kirchplatz (Herz Jesu Kirche in Freiburg) von statten geht.

    http://www.badische-zeitung.de/buerger-wollen-stuehlinger-kirchplatz-verteidigen

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