Der Bischof zögerte den Bruchteil einer Sekunde. Dann fasste er den weiten Ärmel seines Gewandes, krempelte ihn entschlossen hoch und schritt zur Tat. Mit kräftigen Wischbewegungen verteilte Paul Wehrle duftendes Chrisamöl auf dem lichtgrauen Stein, bis dieser glänzte wie eine Wasserfläche.
Fünf Türmchen aus Rosenweihrauch und Wachs wurden aufgesetzt und angezündet. Wie kleine wohlriechende Boote schienen sie auf der spiegelnden Oberfläche zu schwimmen.
Altarweihe in der Kapelle katholischen Universitätszentrums im Heidelberger Edith-Stein-Haus. In großer Zahl waren die Studierenden gekommen, um den alten feierlichen Ritus zu erleben, mit dem der Freiburger Weihbischof Gottes Segen auf den neuen Gabentisch herab rief.
Der weiße Raum mit dem dunklen Boden fasziniert durch seine Lichteffekte
Es ist eine schöne Kapelle, in der sich die katholischen Studierenden der Heidelberger Universität seit 2007 zum Gottesdienst versammeln. Der moderne weiße Raum mit dunklem Boden fasziniert durch seine Lichteffekte. Zu jeder Tages- und zu jeder Jahreszeit sieht die Kapelle im Edith-Stein-Haus anders aus.
Schwierig, für solch einen lichten, dynamischen Raum den richtigen Altar zu erschaffen. Stabil sollte er sein, aber nicht schwer. Die Blicke auf sich ziehen, aber nicht dominieren. „Schön nach heutigem Geschmack, aber errichtet für Generationen“, wie Paul Wehrle in seiner Predigt formulierte. Der emeritiere Weihbischof, der sich schon bald endgültig in den Ruhestand verabschieden wird, war in die Planung der Prinzipalien für die Heidelberger Hochschulgemeinde von Anfang an eingebunden.
Schließlich gilt Paul Wehrle als exzellenter Kenner der modernen Kunst und hat viele Jahre lang die Erzbischöfliche Kommission für Kunst geleitet.
Das Geld für die Ausstattung der Kapelle im Edith-Stein-Haus stammt aus Mitteln der Erzbischof-Bernard-Stiftung, die finanziell schwachen Gemeinden bei der Ausstattung von Kirchenräumen hilft. „30000 Euro“ habe die Stiftung in Heidelberg investiert, sagte Weihbischof Wehrle. Die katholische Universitätskapelle bekam dafür einen neuen Altar, einen Ambo und ein Wandkreuz.
Christus schwebt federleicht im Weiß. Nur die Dornenkrone kündet von den Torturen.
Alle drei Stücke hat der Bildhauer Wolfgang Eckert aus Furtwangen geschaffen. Seit seinem Bronzerelief von Papst Benedikt XVI. für das Freiburger Münster ist Eckert ein bekannter Mann. Für die katholische Hochschulkapelle ersann Wolfgang Eckert einen würfelförmigen Altar aus rauem Steinguss, in den ein hellgraues Kreuz eingelassen ist.
Wie ein Tuch liegt die steinerne Intarsie auf der Altarplatte: Symbol für die Gegenwart Jesu Christi. Besonders gelungen ist die Eisenguss-Skulptur des Gekreuzigten an der Rückwand des Altars. Der Künstler hat eine Anregung von Hochschulpfarrer Thomas Rutte aufgegriffen und auf ein Kreuz verzichtet. Christus schwebt federleicht im Weiß. Nur die Stacheln der Dornenkrone künden von den Torturen. „Ein gelungener Kirchenraum“, befand Weihbischof Wehrle. „Alle Blicke und Schritte führen zum Altar hin, zur Mitte der Gemeinschaft.“