Der letzte Dorfpfarrer Heidelbergs

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Sprudelig wie eh und je: Pfarrer Alwin Schneider feierte 80. Geburtstag

Es war, als habe man die Zeit um sechs Jahre zurückgedreht. Da saßen die Katholiken von Heidelberg-Handschuhsheim im Vitushaus bei Kaffee und Kuchenbuffet und mittendrin, sprudelig wie eh und je, Pfarrer Alwin Schneider. Déjà vu.

Dreißig Jahre hat Schneider die Pfarrgemeinde St. Vitus geleitet. 2007 verabschiedete er sich in den Ruhestand. Jetzt lebt der Priester in seiner Heimatstadt Iffezheim, wo er eigentlich auch seinen 80. Geburtstag feiern wollte. Doch da waren seine Ex-Schäfchen vor. Die Handschuhsheimer ließen es sich nicht nehmen, Schneiders runden Geburtstag gebührend zu würdigen. Mit Kirchenchor, vielen Umarmungen und einer Powerpoint-Revue voll von Erinnerungen.

Einen leichten Schlaganfall hat er ohne Nachwirkungen überstanden 

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Dreißig Jahre lang leitete Alwin Schneider die Pfarrgemeinde St. Vitus

Um es gleich zu sagen: Pfarrer Schneider geht es gut. Einen leichten Schlaganfall hat er ohne Nachwirkungen überstanden, verriet seine Schwester Helga, die ihrem Bruder seit 36 Jahren den Haushalt führt. Neuerdings agiert sie vor allem Chaffeuse, denn Alwin Schneider ist unentwegt unterwegs im Dekanat Rastatt.

„Am Wochenende habe ich meistens drei Messen“, erzählte der Ruheständler. „Am Samstag Abend, am Sonntag Morgen und am Sonntag Nachmittag in der Autobahnkirche.“ Hinzu kommen Aufgaben in der Seelsorgeeinheit und die Bewirtung der zahlreichen auswärtigen Besucher, die „mal kurz“ vorbeischauen. Denn für ihre Gastfreundschaft waren die Schneiders schon immer bekannt.

In den Siebzigern war die Welt noch heil und das Pfarrhaus allzeit offen 

Handschuhsheim in den späten Siebzigern. 45 Jahre alt war Pfarrer Alwin Schneider, als er die Seelsorge im nördlichsten Heidelberger Stadtteil übernahm. Schneider kam von Heiligkreuzsteinach, wo er drei Gemeinden betreut hatte. Ein Vorgeschmack auf die Seelsorgeeinheiten. Doch in Handschuhsheim war 1977 die katholische Welt noch heil und Alwin Schneider durfte einfach der „Pfarrer im Dorf“ sein. Eine Rolle, die ihm lag und gefiel. Schneider holte Mutter und Schwester zu sich ins Pfarrhaus, dessen Tür ab sofort stets offen stand.

St. Vitus in Handschuhsheim ist die älteste Kirche Heidelbergs

Pfarrer Schneider war überall. Freundlich, liebenswürdig und stets gut gelaunt kümmerte er sich um die Kindergärten, um die Erstkommunionskinder und um die Jugendlichen. Er sorgte für die Patienten im Krankenhaus Salem und erfand die Gärtner-Seelsorge im Handschuhsheimer Feld. „Ich komme ja selbst aus der Landwirtschaft“, erklärte Alwin Schneider seine Affinität zum bodenständigen Leben.

Vater Schneider hatte in Iffezheim ein Sägewerk mit Holzhandlung betrieben. Weil die Familie sieben Kinder hatte, konnte Alwin sein Abitur nur mit Unterstützung der Erzdiözese machen. Sie finanzierte den Aufenthalt in der „Heimschule Lender“, einem katholischen Internat in Sasbach.

Der Stadtteinverein überreichte den Ehrenbrief „Wohltäter des Stadtteils“

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Der alte Chor von St. Vitus wurde 774 erstmals urkundlich erwähnt

Die Kaplanszeit verbrachte Alwin Schneider in St. Albert in Bergheim, wo der legendäre Dekan Alfons Beil wirkte. Es müssen stürmische Jahre gewesen sein. In Rom tagte das Konzil, und in Heidelberg blies Beil zum Aufbruch in ein neues Zeitalter mit Liturgiereform und Ökumene. Der Kaplan war begeistert. Und er blieb es sein Leben lang. Als Schneider Handschuhsheim 2007 verließ, erhielt er vom Stadtteilverein den Ehrenbrief als „Wohltäter des Stadtteils“. Alwin Schneider, stand darin zu lesen, sei es gelungen, die beiden Konfessionen zusammenzuführen.

Dreißig Jahre Priester in Handschuhsheim. Das ist eine ganze Generation von Katholiken, die Pfarrer Schneider getauft, getraut, getröstet und geprägt hat. Der Jubilar winkt ab. 80 sei doch noch kein Grund für ein Resumee. „Man soll Freude im Leben haben und sehen, dass man immer etwas dazulernt.“

4 Gedanken zu „Der letzte Dorfpfarrer Heidelbergs

  1. Lieber Herr Pfarrer Schneider, heute vor 50 Jahren haben wir ( Cigdem und Peter Schaefer ) in Heiligkreuzsteinach geheiratet. Sie haben uns dann 16. Juli 1966 getraut.Es war eine Doppelhochzeit von den Geschwistern Schaefer…. Ich Cigdem als Muslimin stand vor Ihnen vom dem Altar. Davor haben wir uns bei Ihnen im Pfarrhaus zum sogenannten “ Brautgespräch “ bei einer Flasche Raki getroffen. Sie kamen gerade von einer Reise aus der Türkei zurück. Wie Sie sehen, Ihre liebenswürdigen Gedanken und Wünsche haben uns 50 Jahre in Liebe und Frieden zusammen gehalten.
    Heute stehen wir mit Ihnen in der RNZ .
    Wir wünschen Ihnen Alles Liebe und Gute
    Ihre
    Peter und Cigdem Schaefer

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