Zwei Pfarrer unter einem Dach

Seit 40 Jahren Priester:
Karl Müller (l.) und Kurt Faulhaber

Es waren nur drei alte Türen. Aus den Siebzigern. Der Kindergarten auf dem Heidelberger Boxberg wollte sie eigentlich in den Container werfen. Doch Kurt Faulhaber und Karl Müller, die beiden katholischen Pfarrer im Heidelberger Süden, erkannten in ihnen Symbole. Also stellten sie die Türen in ihren Kirchen auf.

Eine offene Tür neben dem Altar in Heidelberg-Rohrbach, eine in Heidelberg-Kirchheim und eine auf dem Heidelberger Boxberg. Die Türen entfalteten Wirkung. Die Gottesdienstbesucher schmückten sie mit Blumen und Kerzen. Dann begannen die Einladungen. „Durch die offenen Türen hat Gott den Menschen Mut gemacht, sich auf Neues einzulassen“, freut sich Kurt Faulhaber.

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Müller und Faulhaber führen
ihre Gemeinden „in solidum“

Geschichten wie diese erlebt man oft im Heidelberger Süden. Beide Priester vertrauen fest auf die Führung Gottes. Jetzt feierten Karl Müller und Kurt Faulhaber ihr vierzigjähriges Priesterjubiläum.

Die meisten jungen Familien, aber auch die meisten Sozialwohnungen

Heidelberg-Süd ist die größte Seelsorgeeinheit der Stadt und die heterogenste. Fast 12 000 Katholiken leben hier. „Bei uns gibt es die meisten jungen Familien, aber auch die meisten Sozialwohnungen“, sagt Karl Müller.

Seit 1983 wohnt Karl Peter Müller im Pfarrhaus von Rohrbach. „Eine lange Zeit. Da besteht schon die Gefahr, dass sich manches einspurt“, überlegt Müller. Drei Mal sei er kurz davor gewesen, Heidelberg den Rücken zu kehren. Immer kam etwas dazwischen. 1999 war es der Wechsel seines Studienkollegen Kurt Faulhaber von Mannheim nach Heidelberg.

Führung im Team? In Heidelberg-Süd funktioniert es

St. Peter in Kirchheim,
erbaut 1909

Eine Bedingung hatte Kurt Faulhaber an sein Kommen geknüpft: Er wollte nichts mit Verwaltung zu tun haben, sondern nur Seelsorger sein. „Diese klare Verteilung der Aufgaben hat sich bewährt“, sagt Müller. So wie die Regel, Frühstück und Mittagessen stets gemeinsam einzunehmen. „Meist die einzige Zeit am Tag zum Gespräch.“

Führung im Team, „in solidum“ wie die katholische Kirche sagt, ist schwierig. In Heidelberg-Süd funktioniert das Zusammenspiel. Obwohl die beiden Priester sehr unterschiedlich sind. Kurt Faulhaber führt geduldig und humorvoll, aber zielgerichtet. Karl Müller vertritt seine Position mit Energie und Überzeugungskraft. Er kann Menschen motivieren und begeistern. Doch wenn alles seinen Gang geht, sucht der Pfarrer neue Herausforderungen. Südafrika vielleicht.

Bis zum letzten Moment hat Karl Müller gerungen, ob er sich weihen lassen sollte

Das Land am Kap war der Jugendtraum von Karl Müller. Missionar wollte er werden. Doch die Realität schickte ihn schon als 13-Jährigen in die Mechatroniker-Lehre. Mit 18 der Ausweg: Das Marianum in Neuss, ein Internat für angehende Theologiestudenten. Am Abend drückte Müller die Schulbank, tagsüber jobbte er im Hafen.

St. Johannes in Rohrbach mit
Fenstern von Emil Wachter

Dann Priesterseminar in Freiburg. Bis zum letzten Moment, gesteht Müller, habe er mit Zweifeln gekämpft, ob er sich weihen lassen sollte. Dieses Ringen macht Karl Müller heute zu einem guten Gesprächspartner für die jungen Diakone, die ihr praktisches Jahr in Heidelberg-Süd verbringen.

Coole liturgische Nächte mit fast neunzig Leuten

Von seiner Kaplanzeit in Mannheim erzählt Karl Müller begeistert. „Wir feierten liturgische Nächte mit fast neunzig Leuten.“ Freiburg merkte auf und schlug dem jungen Pfarrer eine Promotion vor. Karl Müller wählte C.G. Jung. Doch kurz vor dem Rigorosum fiel er in eine tiefe Sinnkrise. Er wollte doch Priester sein. Seelsorger. Wozu dann promovieren? Müller ging nach Paris, schloss sich den „Kleinen Brüdern Jesu“ an und lebte mit den Ärmsten.

Diese Bescheidenheit ist geblieben. Eine Million Mark wollte das Erzbistum Freiburg für eine Modernisierung des Rohrbacher Pfarrhauses zur Verfügung stellen. Die Pfarrer haben abgelehnt. „Man kann nicht großspurig bauen, wenn man sieht, wie Menschen in Sozialwohnungen leben.“

Gott zeigt jedem Menschen den Weg

St. Paul auf dem Heidelberger
Boxberg: Kunst aus Beton

Kurt Faulhaber, so schmunzelt man in Rohrbach, braucht sowieso nur eine Bibel und einen Rucksack. Der Pfarrer ist leidenschaftlicher Pilger. Im letzten Sommer brach Faulhaber sogar bei 38 Grad auf, um zu beten, zu singen und zu hören, wohin Gott die Kirche führen will. Sein Credo: Gott zeigt jedem Menschen den Weg. „Immer, wenn etwas geschieht, frage dich: Was sagt Gott damit?“

Schon als Gymnasiast in Tauberbischofsheim wollte Kurt Faulhaber Priester werden. Das lag auch an dem engagierten Primaner, der die katholische Jugendgruppe leitete. Robert Zollitsch. Bis heute stehen der Freiburger Erzbischof und der Heidelberger Pfarrer in enger Verbindung. Das Priesterseminar jedoch enttäuschte Faulhaber: Keine Spur von der aufbrechenden Kirche, die der junge Mann suchte. Kurt Faulhaber floh.

Eine Begegnung, die das ganze Leben entschied

München 1967. Die Studenten rebellierten gegen die Autoritäten. Kurt Faulhaber brach mit der Kirche der Väter. Dann traf er Josef Kentenich. Pater Kentenich, der Gründer der Schönstatt-Bewegung, muss eine faszinierende Persönlichkeit gewesen sein. Drei Jahre quälten Hitlers Schergen den Pallottiner in Dachau. Vierzehn Jahre verbannte ihn seine eigene Kirche nach Amerika. Dennoch zweifelte Josef Kentenich nie an seiner Vision von der Kirche der Zukunft.

Pfarrer Kurt Faulhaber ist
leidenschaftlischer Pilger

Als Kurt Faulhaber ihn kennenlernte, war Pater Kentenich schon über achtzig Jahre alt. „Ich habe nur ein paar Sätze gesagt, da hatte er meine Fragen, Zweifel und Verwirrungen schon verstanden.“ Kurt Faulhaber kehrte zurück nach Freiburg. Im dortigen Münster wurde er am 20. Mai 1971 zusammen mit Karl Müller zum Priester geweiht.

Mit Gott ist es wie mit einem Flugzeug, sagt Karl Müller. Der Mensch ist der Motor, der das Flugzeug vorantreibt. Gott ist die Luft. „Das Flugzeug kann machen, was es will, es kommt nicht voran, wenn die Luft es nicht trägt.“

Ein Gedanke zu „Zwei Pfarrer unter einem Dach

  1. Hallo und guten Tag,

    der Artikel ist aussagekräftig und gut.!
    Ich kenne K. Faulhaber von 1973; da hatte er das Aufgebot für meine damalige Eheschliessung „gemacht“; in der Pfarrei „U.L.F“ Karlsruhe Südstadt..
    Mein Mädchenname ist „Seemann“.
    Mittlerweile lebe ich seit Jahren im Elsass in einem kleinen Dorf und bin anderweitig verheiratet.
    Ich weiss, dass Monsignore K. Faulhaber ein vielbeschäftigter Mann ist.
    Vielleicht hat er Zeit und Interesse für eine Antwort. Würde mich freuen.

    Herzlichen Gruss

    Ruth Dehm

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