Entsetzen in Altenbach an der Bergstraße: Das evangelische Gemeindehaus soll weg. Weil es mit 394 Quadrametern viel zu groß ist für die nur 667 Protestanten im Bergdorf. Sie sollen sich künftig mit angemieteten 80 Quadratmetern begnügen.
Ähnlich dramatisch die Situation in Dossenheim: Die Evangelischen verfügen hier über stolze 1769 Quadratmeter Gemeindehaus. 488 dürfen es maximal sein. „Ich habe starke Bedenken, ob es möglich ist, das Martin-Luther-Haus zu halten“, sagte Monika Lehmann-Etzelmüller, die Dekanin des Kirchenbezirks Ladenburg-Weinheim bei der Frühjahrssynode in Hemsbach. Zentrales Thema war die Vorstellung des neuen Masterplans zur Reduzierung der Gebäude im Kirchenbezirk.
Jeder Kirchenbezirk muss seine Immobilien um 30 Prozent reduzieren
„Unsere Kirche wird kleiner, ärmer und älter.“ Schon mit ihren Begrüßungsworten ließ die Dekanin keinen Zweifel daran, dass die üppigen Zeiten in der Badischen Landeskirche vorbei sind. 9,5 Prozent seiner Gemeindeglieder hat der Kirchenbezirk Ladenburg-Weinheim in letzten 15 Jahren verloren. Diese Talfahrt wird weitergehen, sagen die Prognosen. Noch rasanter als bisher. Die Badische Landessynode hat deshalb schon 2014 beschlossen, dass jeder Kirchenbezirk seine Immobilien um 30 Prozent reduzieren muss.
Die guten Meldungen vorweg: Kein Gotteshaus wird angetastet. Auch wenn Monika Lehmann-Etzelmüller Bedenken hat, ob die frischfusionierte Reformationsgemeinde in Hemsbach auf Dauer zwei Kirchen braucht. Pfarrhäuser stehen ebenfalls nicht zur Disposition. Jedenfalls jetzt noch nicht. „Langfristig streben wir eine Mischung aus Stellen mit und ohne Pfarrhaus an“, sagte die Dekanin. Um den verschiedenen Lebensentwürfen der Pfarrer Rechnung zu tragen.
Bleiben die Gemeindehäuser. Mehr als 10000 Quadratmeter haben die 19 Gemeinden zwischen Laudenbach und Edingen derzeit zur Verfügung. 7000 Quadratmeter werden es künftig sein. Weil sich die Flächen aber nicht gleichmäßig auf die Gemeinden verteilen, trifft das Minus die eine mehr, die andere weniger. Ilvesheim beispielswiese besitzt ein hochdenkmalgeschütztes Ensemble aus Kirche und Gemeindehaus von Stararchitekt Helmut Striffler. Da darf niemand auch nur einen Millimeter abzwacken. Die Weinheimer Peterskirche dagegen beschränkt sich auf ihren Konfirmandensaal. „Da wandern Quadratmeter ins Sparschwein“, freute sich Monika Lehmann-Etzelmüller.
Ideal ist die Konzentration auf nur ein evangelisches Zentrum im Dorf – wegen der Strahlkraft
Überhaupt nicht glücklich ist die Dekanin darüber, dass die evangelischen Immobilien oft über das ganze Dorf verteilt sind. Schriesheim, Hemsbach, Heiligkreuz und Oberflockenbach, aber auch Dossenheim empfahl sie dringend, „sich auf ein evangelisches Kirchenzentrum“ zu konzentrieren. Wegen der Strahlkraft.
Hilfreich kann es auch sein, über den eigenen Kirchturm hinauszuschauen. Lützelsachsen beispielsweise besitzt ein viel zu großes Gemeindehaus, das aber gern von Hohensachsen mitgenutzt wird. Hier bringt ein Kooperationsvertrag mehr als eine Verkleinerung. Schwierig ist die Lage in Großsachsen. Die Gemeinde versucht schon seit Jahren, Untermieter für ihr Gemeindehaus zu finden. Das Pfarrbüro und Teile des Kindergartens wurden bereits integriert. Doch noch immer bleibt ein Saldo von 200 Quadratmetern.
„Unser Gemeindehaus ist ein Juwel, geliebt, gepflegt und frisch gestrichen“
Womit wir bei den Sorgenkindern wären. Keine Zukunft sieht der Masterplan für das zweite Gemeindehaus in Hemsbach, das Gemeindehaus in Altenbach und für das Martin-Luther-Haus in Dossenheim. Was nicht heißt, dass diese Gebäude zwingend verkauft werden müssen. Die Gemeinden erhalten dafür nur kein Geld mehr von der Landeskirche. In Dossenheim will man das lichtdurchflutete Luther-Haus dennoch halten. Man hofft, dass die politischen Gemeinde einen Großteil der Bürofläche anmietet.
Bleibt Altenbach. 300 Quadratmeter weniger. Chance auf Vermietung: Null. Chancen auf Kooperation: schwierig. „Wir sind eine kleine Gemeinde weit ab vom Schuss“, entrüstete sich Diakon Klaus Nagel. „Wir haben nicht viele Möglichkeiten.“ Dabei brumme das evangelische Leben in Altenbach. Die Kirche wurde gerade mit dem Geld eines Großspenders tiptop saniert. Das Gemeindehaus ist ein „architektonisches Juwel, geliebt, gepflegt und frisch gestrichen“ (Nagel).
„Das Gemeindehaus zu verlieren wäre ein Desaster“
„Es zu verlieren wäre ein Desaster.“ Das sieht auch Pfarrer Kieren Jäschke so: „Was sollen wir denn in Altenbach noch anbieten ohne Gemeindehaus? Wir geben die Zukunft einer kleine Gemeinde preis, die ungeheuer viel Anstrengungen unternimmt.“
Dekanin Monika Lehmann-Etzelmüller hingegen sieht sich mehr in der Verantwortung für die Zukunft der kommenden Generationen. „Wir müssen jetzt entscheiden, in welchem Zustand wir unsere Kirche an sie weitergeben. Dürfen wir wirklich Räume mitschleppen, die wir nicht brauchen?“ Bleibt den Altenbachern wahrscheinlich nur die Hoffnung auf ihren treuen Mäzen. Vielleicht springt er ja noch einmal in die Bresche.