Wenn zwei sich streiten

Markige Sprüche als Werbung
für katholische Eheberatung

Sie zu ihm: „Wo ist Dein Ehering?“ Er zu ihr: „Wo unsere Ehe ist.“ Oder: „Wie fühlst Du Dich?“ „Verheiratet.“ Oder: „Hast Du was gesagt?“ „Das war gestern.“ Ganz schön herbe Sprüche, die bald überall zu lesen sein werden.

In den Bussen, in den Zeitungen, im Kino und in den Kirchen. Die markigen Dialoge nämlich gehören zu einer Werbekampagne für die katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) im Erzbistum Freiburg.

„Bei der Beratung von Paaren in Krise ist die Erzdiözese Freiburg Vorreiter unter den deutschen Bistümern“, sagt Rosemarie Pfriem-Vogt, die Leiterin der EFL in Heidelberg. 580 Paare hat ihr Team im vergangenen Jahr beraten. Jede Ehe retten, das konnten natürlich auch die katholischen Berater nicht. Pfriem-Vogt: „Trennungsberatung gehört ebenso zu unseren Aufgaben wie die Begleitung Geschiedener.“

Nicht mehr Seitensprünge belasten heute die Ehe, sondern der Druck im Berufsleben

Leitet die Heidelberger Beratungsstelle:
Rosemarie Pfriem-Vogt

Unserer Gesellschaft verändert sich. Sie wird härter. Nirgendwo sieht man das so deutlich wie bei der Familienberatung. Nicht mehr Seitensprünge oder mangelnde Gleichberechtigung der Partner belasten heute die Ehen, sondern Stress, Angst um den Arbeitsplatz und vor einer unsicheren Zukunft. „Der Druck im Berufsleben hat ungeheuer zugenommen“, berichtet Rosemarie Pfriem-Vogt, die Beratungsstellen-Leiterin aus Heidelberg. „Viele haben einfach keine Kraft mehr für die Familie und die Paarbeziehung.

Um ihr Standing auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, beginnen die Ehepaare immer später mit der Familienplanung. Um die Fünfzig geraten sie dann in ein schwarzes Loch: Die Kinder pubertieren, die Eltern müssen gepflegt werden und im Job wechseln die Jüngeren auf die Überholspur. „Der Altersdurchschnitt unserer Klienten hat sich deutlich nach hinten verschoben“, sagt Beratungsstellenleiterin Pfriem-Vogt. „Die mit Abstand stärkste Altersgruppe liegt heute zwischen 40 und 55 Jahren.“

Aber wie können die katholischen Berater einem Ehepaar, das in solch einem Hamsterrad dreht, helfen? „Indem wir sie darin bestärken, mehr Paar-Pausen zu machen“, erklärt Berno Wies-Mechela, Berater bei der EFL in Heidelberg. Paar-Pausen? Das bedeutet natürlich nicht, dass man eine Pause von der Partnerschaft machen soll. Vielmehr gelte es, Zeit für ungestörte Zweisamkeit einzublocken. „Das geht immer, wenn man es wirklich will“, weiß Wies-Mechela.

In streng durchgetakteten Familien bleibt für die Paarbeziehung keine Raum mehr

Der katholische Berater beobachtet gerade bei streng durchgetakteten Eheleuten die Tendenz, die Bedürfnisse der Familie so sehr in den Vordergrund zu stellen, dass für die Paarbeziehung kein Raum mehr bleibt. „Das endet oft damit, dass die Familie das einzige ist, was die Partner noch verbindet.“ Gehen die Kinder aus dem Haus, landen die Eltern bei der katholischen Eheberatung. „Die Paarbeziehung“, sagt Wies-Mechala, „muss in einer Ehe immer die Basis bleiben. Wenn es dem Paar gut geht, geht es allen gut.“

Erzbischof Zollitsch investiert viel Geld in die Eheberatung

Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch sieht das ebenso. Im Gegensatz zu den meisten seiner Bischofskollegen denkt er nicht daran, der katholischen Eheberatung die Gelder zu kürzen. Im Gegenteil. Zollitsch will die EFL eher stärken. „Die enorme gesellschaftliche Bedeutung des Gelingens von Ehe sowie der hohe Preis, der für ihr Scheitern bezahlt werden muss, wird von der Öffentlichkeit nahezu ignoriert“, sagte der Freiburger Oberhirte beim diesjährigen Neujahrsempfang.

„Wo Ehepartner lernen“, so Zollitsch weiter, „respektvoll miteinander zu kommunizieren, einander zu verzeihen und an einem Strang zu ziehen, fühlen sich die Kinder geborgen, da entsteht der Nährboden für eine friedliche und solidarische Gesellschaft.“ 60 Prozent der Kosten für die Eheberatungsstelle in Heidelberg trägt das Erzbistum. 17 Prozent kommen von der Stadt Heidelberg, vier Prozent vom Landkreis Rhein-Neckar. Der Rest stammt aus Klientenbeiträgen. Sie orientieren sich am Einkommen der Ratsuchenden.

„Dass sich ein Paar während der Beratung trennt ist selten.“

Damit das katholische Engagement in Sachen Eheberatung von der Öffentlichkeit auch wahrgenommen wird, gibt es jetzt die freche Plakatkampagne. Marketing-Experten des Erzbistums Köln haben die Motive ersonnen. Die himmelblaue Schrift steht für das Gefühl, das Schwarz für den Konflikt. „In Köln sind die Plakate auf hohe Resonanz gestoßen“, weiß Rosemarie Pfriem-Vogt.

Sieben Sitzungen dauert eine Eheberatung durchschnittlich; zwischen den einzelnen Gesprächen können oft mehrere Wochen liegen. „Es geht darum, einen inneren Prozess in Gang zu setzen“, sagt Berno Wies-Mechalak. „Das braucht Zeit.“ Die meisten Klienten melden sich telefonisch bei der EFL, wobei die Initiative in zwei Dritteln der Fälle von den Frauen ausgeht. 35 Prozent katholisch, 35 Prozent evangelisch, zwanzig Prozent gehören keiner Konfession an.

„Dass sich ein Paar während der Beratung trennt, ist selten“, überlegt Rosemaie Pfriem-Vogt. „Wer zu uns kommt, ist entschlossen, seine Beziehung zu verbessern.“ Was nicht heißt, dass die Ehe denn dauerhaft stabil ist. Langzeitstudien über ihre Klienten führt die EFL nicht.

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