Es wird das größte katholische Fest, das Heidelberg je erlebt hat: Am 17. Mai 2015 pilgern die Katholiken aus allen Stadtteilen und aus Eppelheim zum Universitätsplatz, um Gottes Segen für die „Stadtkirche Heidelberg“ zu erbitten. Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger zelebriert den Festgottesdienst auf einer Altarbühne vor der Neuen Uni.
Dann gehört der Platz bis in den Abend hinein den Chören und den kulinarischen Köstlichkeiten aus den zwölf Pfarreien, die ab 1. Januar 2015 eine riesige Seelsorgeeinheit bilden. Wie das funktionieren soll, weiß momentan noch niemand. Im Gemeindehaus von St. Marien im Pfaffengrund stellten die Arbeitsgruppen jetzt Zwischenergebnisse vor.
Die wichtigste Neuerung heißt „Gemeindeteam“. Ab 2015 kümmern sich nicht mehr professionelle Seelsorger sondern ehrenamtliche Laien um das katholische Leben in den Gemeinden vor Ort. „Ein Gemeindeteam soll mindestens fünf Mitglieder haben, es dürfen aber auch deutlich mehr sein“, erklärt Werner Bomm, promovierte Historiker, Pfarrgemeinderat in Rohrbach und Leiter der Arbeitsgruppe „Gemeindeteam“. Wie viele Ehrenamtliche sich die Sorge um eine Pfarrei teilen und wer konkret wofür zuständig ist, kann jede Gemeinde selbst entscheiden. Ungewöhnlich viel Freiheit für die sonst so durchhierarchisierte katholische Kirche. Entsprechend groß ist die Verunsicherung an der Basis.
„Es geht darum, eine neue Haltung einzuüben“
„Es geht darum, eine neue Haltung einzuüben“, empfiehlt Werner Bomm. Statt wie bislang darauf zu warten, ob man gefragt wird, tut man künftig selbstbewusst kund, worauf man Lust hat. Aufgaben gibt es wie Sand am Meer. Feste organisieren oder die Kirche schmücken, Krabbelgruppen initiieren oder Seniorenwallfahrten betreuen, Kranke besuchen oder Neuzugezogene begrüßen, den Jugendraum ausbauen oder Wortgottesdienste leiten. „Das Gemeindeteam soll sich nicht nur um das Gemeindeleben kümmern, sondern auch den Glauben teilen und weitergeben“, betont der Eppelheimer Pfarrer Johannes Brandt, ab Januar stellvertretender Leiter der Stadtkirche. Viel Verantwortung, die da auf den Schultern der Ehrenamtlichen liegt, seit sowohl die Zahl der Priester wie auch der Pastoral- und Gemeindereferenten stark zurückgeht.
Wer sich entschlossen hat, seine Fähigkeit im Gemeindeteam einzubringen, wird von einem Priester in einem Gottesdienst offiziell zu „diesem Dienst beauftragt“. Wie lange diese Beauftragung gilt, wird noch diskutiert. Die einen plädieren für einen Wechsel alle zweieinhalb Jahre, damit keine „kleinen Königreiche“ entstehen. Andere meinen, man brauche mindestens fünf Jahre, um Erfahrung sammeln zu können. „Wichtig ist, dass man nie aufhört, nach neuen Menschen zu suchen und selbst stets bereit ist loszulassen“, meint Werner Bomm.
Da waren es plötzlich nur noch 12 Gemeinden
Während sich die Gemeindeteams um das konkrete Leben in den Pfarrgemeinden vom Boxberg bis Ziegelhausen kümmern, beschäftigt sich der Pfarrgemeinderat der Stadtkirche Heidelberg mit den Fragen, die die gesamte Stadt angehen. Das reicht von der Gottesdienstordnung über die Verwaltung der Gebäude bis hin zum Geldausgeben. Derzeit gibt es in Heidelberg vierzehn katholische Pfarreien. Ab Januar werden es nur noch zwölf sein.
Die Weststadt fusioniert mit der Südstadt und Bergheim und wird dann mit 6800 Katholiken die größte Gemeinde Heidelbergs sein. Schlierbach mit gerade mal 700 ist die kleinste. Dazwischen liegen Eppelheim, Kirchheim, Rohrbach, Handschuhsheim und Neuenheim mit etwa 4000 Gläubigen. Ziegelhausen, die Altstadt und der Boxberg zählen rund 3000. Wieblingen und der Pfaffengrund etwas mehr als 2000. Momentan sieht es so aus, als ob trotz der Größenunterschiede jede Pfarrei drei gewählte Vertreter in den Pfarrgemeinderat der Stadtkirche entsenden wird. Das letzte Wort in dieser Frage ist allerdings noch nicht gesprochen.
Dieser Pfarrgemeinderat ist ein veritables Parlament
36 Mitglieder im Pfarrgemeinderat. Ein veritables Parlament. „Der Pfarrgemeinderat der Stadtkirche muss anders arbeiten, als wir das bisher gewohnt sind“, nickt Pfarrer Brandt. Es wird Ausschüsse geben, einen geschäftsführenden Vorstand und alle Vierteljahre eine Plenarsitzung. „Wichtig ist, dass die Gemeindeteams den Pfarrgemeinderat entlasten, wo immer es geht“, betont Johannes Brandt. „Was vor Ort entschieden werden kann, soll auch vor Ort entschieden werden.“ Zumal die Pfarrgemeinderäte auch noch im Stiftungsrat und im Gemeindeteam sitzen sollen.
Fünf Priester sind der Stadtkirche Heidelberg fest zugesichert. Doch mit dem Dekan, dem Hochschulpfarrer, den Klinikseelsorgern und natürlich den Pensionären sind es zunächst deutlich mehr. In jeder Pfarrei – mit Ausnahme vielleicht vom winzigen Schlierbach – wird es künftig einen verlässlichen Sonntagsgottesdienst oder eine Vorabendmesse geben. Wenn auch nicht immer in der „klassischen Form“, ergänzt Pfarrer Brandt. „Die Stadtkirche bietet uns die Möglichkeit, die Vielfalt der Eucharistie auszuschöpfen und damit eine neue Klientel anzusprechen.“ Jugendgottesdienste. Familiengottesdienste. Ein „Abenteuer Liturgie“. Alles ist möglich.