Startschuss für einen Himmelsstürmer

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Abtsweihe in der Heidelberger Jesuitenkirche: Ein seltenes Fest

Die Heidelberger Jesuitenkirche hätte schon das Zeug zur Kathedrale. Elegant, lichtdurchflutet und vornehm empfing sie eine so riesige und hochkarätige Festgemeinde, wie man sie am Ufer des Neckars kaum je gesehen hatte.

50 Konzelebranten zogen in stattlicher Prozession zusammen mit Erzbischof Stephan Burger ein. Unter ihnen erkannte man Prominenz wie Karl-Heinz Wiesemann, der Bischof von Speyer, und Erzabt Tutilo Burger aus Beuron, den Bruder des Erzbischofs.

Jeder Zentimeter der Jesuitenkirche war zusätzlich bestuhlt worden, trotzdem reichten die fast tausend Sitzplätze nicht aus. Viele Gläubige standen. All dieser Glanz galt dem neuen Abt eines kleinen Klosters. Die Benediktinerabtei Neuburg wird künftig von Winfried Schwab geführt. Jetzt wurde er geweiht.

„Unter Deinen Schutz und Schirm“

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Die Konzelebranten: 50 Priester, drei Bischöfe und etliche Äbte

„Die Heidelberger Mönche brauchten zwar nicht bis zum Ende der Welt zu gehen, um ihren neuen Abt zu finden. Aber die Landesgrenze mussten sie schon überschreiten“, schmunzelte Erzbischof Stephan Burger in seiner Ansprache. Recht hat er. Im Stift Admont in der Steiermark, dem Kloster mit der größten Bibliothek der Welt, hat Abt Winfried Schwab seine Profess abgelegt und die letzten 20 Jahre gelebt.

Der gebürtige Fuldaer baute in Admont ein Museum für moderne Kunst auf, das österreichweit für Furore sorgt. Und er betreute die Marien-Wallfahrtskirche Frauenberg. Was gut passte, denn mit der Muttergottes verbindet den 51-Jährigen ein inniges Verhältnis. „Sub tuum praesidium“ – „Unter Deinen Schutz und Schirm“ ist das Motto, unter das er sein Wirken in Neuburg gestellt hat.

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Das Strahlen bei der Weihe verriet: Diesem Mönch geht es einfach gut

Abt Winfried ist ein sympathischer Mann – und ein eloquenter. Er kann gut zuhören und kommt gut mit Menschen ins Gespräch. Und er freut sich offensichtlich unbändig auf seine neue Aufgabe. Bei der Weihe in der Jesuitenkirche jedenfalls fiel es dem neuen Abt schwer, wenigstens in den heiligen Momenten das Strahlen aus seinem Gesicht zu verbannen. Diesem Mönch, das hatte man nach dem grandiosen Gottesdienst auch in der hintersten Ecke der Jesuitenkirche mitbekommen, geht es einfach gut.

Ein Mönch mit großem Bekanntenkreis und vielen Interessen

600 persönliche Gäste hatte der neue Abt zu seiner Weihe geladen. Das ist nur ein Teil der über tausend Freunde, die ihm auf Facebook folgen. Ein Mönch mit einem großen Bekanntenkreis – und vielen Interessen. Entsprechend bunt war die Mischung der Festgäste in der Jesuitenkirche.

Die Jesuitenkirche hätte das Zeug zur Kathedrale.
Die Jesuitenkirche hätte das Zeug zur Kathedrale.

Die Familie aus Dipperz bei Fulda war da. Vater und Mutter sichtlich ergriffen und stolz auf ihren Sohn, der das zierliche Ehepaar um fast zwei Köpfe überragt. Ein paar Reihen hinter der bescheidenen Familie Schwab aus der Rhön, konnte man – hochelegant – den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank Rolf-E. Breuer mit Gattin ausmachen. Abt Winfried kennt ihn von der „Pharmazieschule“ der Frankfurter Goethe-Universität, deren geistlicher Begleiter der neue Abt von Neuburg ist.

Österreichisch hörte man natürlich viel in der Jesuitenkirche. Da war Egon Kapellari, der emeritierte Bischof der Diözese Graz, und die Delegation von Stift Admont in der Steiermark angeführt von Abt Bruno Hubl. „Einerseits sind wir froh für ihn, andererseits waren wir aber auch betroffen“, sinnierte der Abt in schönstem Steirisch. „Inzwischen sehen wir es als Gottes Fügung an.“

Ein Weg, der uns frei macht von aller Oberflächlichkeit“

"Beuget die Knie!"
„Beuget die Knie!“

Die Menschen aus der Wallfahrtsgemeinde Frauenberg waren in Tracht erschienen; die Kommilitonen aus den diversen Studentenverbindungen, denen Abt Winfried angehört, in vielfarbigen Uniformen. Und dann waren da noch die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr aus der Steiermark. Auch ihr gehört Abt Winfried an. Beruhigend zu wissen, dass der neue Abt von Neuburg den Umgang mit Wasserspritzen und Drehleitern beherrscht.

„Das Leben als Mönch ist ein Weg, der nicht unbedingt dem Lebensgefühl des Menschen im 21. Jahrhundert entspricht“, überlegte Erzbischof Stefan Burger in seiner Festpredigt. „Aber es ist der Weg, der uns frei macht von aller Oberflächlichkeit und von wechselnden Modeströmungen. Er führt uns zum wahren Leben, zu einem Leben mit Tiefgang.“

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Erzbischof Stephan Burger überreicht Abt Winfried Schwab die Mitra

Der Abt eines Kloster ist direkt dem Papst unterstellt und agiert damit gleichrangig mit dem Bischof. Auch wenn dieser – wie Erzbischof Stephan Burger – ein großes Erzbistum mit fast zwei Millionen Gläubigen führt. Jener aber – wie Abt Winfried – nur einen Konvent mit 12 Mönchen. Die „Abtsbenediktion“ ist deshalb nicht eigentlich ein Weihe sondern eher eine Segnung.

Der Stab ist alt – und bedeutungsschwer

Aber eine sehr feierliche. Wie bei der Priesterweihe lag der neue Abt lange ausgestreckt vor dem Kreuz auf dem nackten Boden, während die Schola und die Gemeinde in einer Litanei alle Heiligen um Hilfe anriefen. Dann kniete der Abt vor dem Bischof nieder, der das Segensgebet für ihn sprach.

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Den Stab hat schon der Abt Adalbert, der erste Abt von Neuburg getragen

Sein großes Abtskreuz trägt Abt Winfried schon seit dem Morgen, an dem er sein Amt offiziell angetreten hat. Das war der Tag nach dem 70. Geburtstag des emeritierten Abtes Franziskus Heereman. Der 8. März. Ein Dienstag. Während der schlichten Morgenmesse in der Klosterkirche hatten die Mönche des Konvents ihrem neuen „Vater Abt“ in einer ergreifenden Zeremonie den Gehorsam gelobt und ihm sein neues Abtskreuz überreicht.

Erzbischof Stephan Burger fügte in der Jesuitenkirche Ring, Mitra und Stab hinzu. Die beige-goldene Mitra ist neu. Der Stab alt. Und bedeutungsschwer. Er gehörte einst Abt Adalbert von Neipperg, dem ersten Abt von Kloster Neuburg. Am 16. Juni 1929 war er in der Jesuitenkirche geweiht worden. 1948 wurde er in einem Kriegsgefangenenlager in Serbien von den Kommunisten ermordet. Die Abtei Neuburg strebt eine Seligsprechung ihres ersten Abtes an.

Freude bei den Mönchen von Stift Neuburg. Der Altersdurchschnitt liegt bei 73 Jahren.

Die modernen Zeiten sind im Kloster angekommen

„Sie dürfen als Abt, als geistlicher Vater der Mönche, dazu beitragen, dass Gottes Heil in dieser Welt sichtbar und erfahrbar wird“, betonte der Erzbischof in seiner Weihepredigt. „Dieser Auftrag beginnt nicht an der Klosterpforte und er endet nicht hier. Er reicht bis weit hinein in diese Stadt und in die gesamte Umgebung“.

Der Altersdurchschnitt der Mönche von Stift Neuburg liegt bei 73 Jahren. Nachwuchs tut also dringend Not. Abt Winfried weiß das. Und er ist guten Mutes, dass es gelingt, junge Männer für das Klosterleben zu begeistern. Beim Empfang nach der Abtsweihe im Foyer der Neuen Universität von Heidelberg jedenfalls erklärte er blendend gelaunt, dass spätestens in drei Jahren wieder junge Mönche in Neuburg beten und arbeiten werden.

„Das Gebet ist unsere Kraftnahrung. Durch Ihr Gebet werden wir Neuburger es schaffen.“

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„Wir sind Himmelsstürmer. Wir stürmen voran und lassen uns nicht aufhalten.“

Winfrieds Zauberwort für diesen Coup lautet: Kommunikation. Abt Winfried ist aktives Mitglied in zahllosen Vereinen und Gruppierungen – und er ist mit der ganzen Welt vernetzt über die sozialen Medien. Noch am Abend des Weihetages posteten die Gottesdienst-Teilnehmer über dreihundert Handybilder von der Weihe auf der neuen Facebook-Seite von Stift Neuburg. Die modernen Zeiten sind im Kloster angekommen.

„Wir sind Himmelsstürmer“, rief Abt Winfried Schwab in seiner Dankansprache den mehr als tausend Gläubigen in der Jesuitenkirche zu. „Wir stürmen voran und lassen uns nicht davon abhalten. Das Gebet ist unsere Kraftnahrung. Das Gebet zur Gottesmutter ist unsere Kraftnahrung für Höchstleistungen. Beten sie mit uns Mönchen für Nachwuchs. Durch Ihr Gebet werden wir Neuburger es schaffen.“

Die Bildergalerie von der Weihe.

Wenn man auf ein Bild klickt, wird es groß.

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