Die Hiobsbotschaft kam ausgerechnet am Sonntag „Kantate“. Zu deutsch: „Singt!“ Doch genau das war seit jenem vierten Sonntag nach Ostern 2020 in den Gottesdiensten verboten. Die Gläubigen durften sich zwar versammeln, mit Abstand und Mundschutz. Aber die Gesangbücher blieben unter Verschluss. Mehr als ein Jahr lang. Selbst an Weihnachten.

Irgendwo in der Peterskirche, niemand weiß wo, liegt Marsilius von Inghen begraben. Er war Theologe und der erste Rektor der Universität Heidelberg. 1386. Fünfhundert Jahre später hatte Marsilius – droben im Himmel – womöglich wieder seine Hände im Spiel.

Sobald es Mittag schlägt, kommt die Stunde der Heidelberger Providenzkirche. Durch das Südfenster flutet die Sonne herein, und der Heiland scheint herabzuschweben. Im rotem Gewand, mit segnenden Händen und offenen Augen. Doch sie sind leider eine Fälschung. Wie fast alles im zentralen Providenzfenster.

Da sitzen sie nun, die Jünger. Verängstigt und ganz dicht beieinander. Als wollten sie sichergehen, dass nicht noch jemand verschwindet. Wie Jesus. Vor zehn Tagen. „Aufgefahren in den Himmel“ sei er, sagt man. Was auch immer das heißen soll. Nun herrscht bleierne Ratlosigkeit.

Es ist eines der berühmtesten Zitate der Welt. Obwohl es wahrscheinlich nie so gesagt worden ist. „Hier stehe ich! Ich kann nicht anders“, soll Martin Luther ausgerufen haben, als die päpstliche Inquisition verlangte, er möge seine Theologie wiederrufen.

Es ist Frühling. Die Luft duftet wieder, und mit jedem Blatt wächst die Hoffnung. Dass der Tod nie das letzte Wort haben wird. Das ist die Botschaft von Ostern, dem wichtigsten Fest der Christenheit.

Da war diese kleine Werktagsmesse in St. Bonifatius. Zwanzig Gläubige erhoben sich brav zum Eingangslied, nur der Pfarrer eilte mit wehendem Gewand auf zwei junge Leute zu. Ludwig Bopp ergriff ihre Hände und strahlte sie an. „Neue Gesichter! Wir freuen uns. Woher kommen Sie denn?“ Die Gemeinde nahm wieder Platz. Die Messe musste warten. Die Menschen gingen vor. So war Pfarrer Bopp.

Überraschend kam diese Mail. Über einen Riesenverteiler. „Unser Vorschlag für die Fastenzeit: 7 Wochen ohne Verzicht“. Ein Scherz? Vielleicht. Aber er hat ins Schwarze getroffen.

Es hat eine Zeit gegeben, da war Heidelberg eine der schönsten Städte der Welt. Renaissancepaläste säumten die Straßen, elegante Damen und noble Professoren flanierten in prächtigen Parks. Man sprach französisch und blickte stolz hinauf zum Schloss. Nur die Kirchen standen schmucklos.

Es waren die dunkelsten Nächte des Jahres. Kein Mond, kein Licht, nirgends. Längst hatte der eisige Wind die Erinnerungen an die Leichtigkeit des Sommers verweht. Unendlich lange her die letzte Umarmung.